„Handelslogistik, Handel und E-Commerce – Chancen und Risiken“ – mit diesen Themen befasste sich das 6. Branchenforum HandelsLogistik.NRW des Logistikclusters Branchenforum HandelsLogistik.NRW am 23. Februar 2015 in Hamm. Marcus Diekmann, Geschäftsführer SHOPMACHER eCommerce GmbH & Co. KG, erwartete in seinem Vortrag zum Thema „Multi-Channel-Handel und Handelslogistik – Aktuelle Trends und Praxisbeispiele“ einen großen Konsolidierungstrend im E-Commerce. 50-60 Prozent der derzeit (laut Google) rund 450.000 Onlineshops in Deutschland würden wieder vom Markt verschwinden. 90 Prozent der Onlineshops sind kleine Händler. Während der Multi-Channel-Handel wächst, ist der stationäre Handel tendenziell eher rückläufig. Diekmann sah Multi-Channel als Chance für den Mittelstand und den stationären Handel und stellte die Kernfunktionen vor: Online bestellen und Bestände prüfen, Offline bestellen und nach Hause liefern lassen sowie Umtausch oder Abholung in einer Filiale. Bei den Ladenkonzepten sollten die Händler neue Ideen umsetzen, um aus der breiten Masse hervorzustechen. Kooperationen von kleinen Händlern im Bereich Onlineshops seien ebenfalls empfehlenswert, nicht zuletzt aus logistischer Sicht,  und oftmals von Erfolg gekrönt, da man so gemeinsam effizient sei.

Dies bestätigte auch die anschließende Diskussion zwischen Podium und Publikum. Hier diskutierten unter Moderation von Clustermanager Peter Abelmann neben Marcus Diekmann auch Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky, Christel Habig (Standortleiterin Zalando Logistics Mönchengladbach SE & Co. KG), Markus Hendricks (GF Gesellschafter Hendricks Logistik GmbH) und Michael Radau (Vorstandsvorsitzender SuperBioMarkt AG und Präsident Handelsverband NRW e.V.).

Michael Radau betonte die Aufgabe, Barrieren bei vielen Händlern zu beseitigen. Es gelte, E-Commerce und stationären Handel nicht als konträre Entwicklungen zu sehen. Auf diesem Weg in die digitalen Zeiten seien gemeinsame Konzepte von Städten und Handel gefragt, denn mehr denn je könne der Einzelhandel nicht als selbstverständlich gegeben betrachtet werden. Standortfördernde und –erhaltende Rahmenbedingungen gelte es einerseits zu pflegen, andererseits um digitale Bausteine zu erweitern.

Ein weiteres Fazit der Diskussion: Der mittelständische Händler müsse noch stärker als bisher unternehmerisch handeln. Generell sollte sich der Handel Multi-Channel-Ansätzen nicht verschließen. Christel Habig sieht als handelslogistische Daueraufgabe die effizientere Gestaltung von Prozessen, auch in der Intralogistik, und die Entwicklung und Umsetzung innovativer Konzepte für die „letzte Meile“. Markus Hendricks erinnerte anhand anschaulicherer Beispiele an die durch die geschilderten Trends immer komplexeren Anforderungen an die Logistiker. Die Digitalisierung von Prozessen schreite voran, dies erfordere eine zunehmende IT- und Digitalisierungs-Kompetenz auch bei mittelständischen Dienstleistern. Zudem gelte es, noch flexibler zu sein und immer schneller zu reagieren. Zugleich würden aber Rahmenbedingungen für die Logistik nicht mit wachsen, etwa im Bereich flexibler Arbeitszeiten.

Zu Beginn des Forums hatten der Vorsitzende des Lenkungskreises Logistikcluster NRW, Matthias Löhr, Dr. Günther Horzetzky, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen, und der Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann noch einmal den Stellenwert von Logistik und insbesondere HandelsLogistik hervorgehoben. Die Stadt Hamm habe dies erkannt und sei nicht zuletzt deswegen zum NRW-Logistikstandort des Jahres 2014 gewählt worden. Thomas Hunsteger-Petermann stellte fest, dass die Logistik für die Stadt Hamm eine Chance sei, die sie gern nutzen würde. Weiter wünschte er sich, „dass die Botschaft, dass Logistik mehr ist als nur Paletten schieben, endlich auch in den Köpfen der Politiker ankommt!“ Dr. Günther Horzetzky führte aus, dass der Onlinehandel derzeit von Rekord zu Rekord eile, während der stationäre Handel Probleme habe. Der Industriestandort NRW sei ohne Logistik nicht denkbar, wobei auch festzuhalten sei, dass die Logistik zur Achillesferse und somit zu einem Erfolgsfaktor des Onlinehandels geworden ist.

Andreas Kruse, Director Business Development EHI Retail Institute e.V., Forschungsbereich Logistik & Packaging, stellte in seinem Impulsreferat zu logistischen Versorgungskonzepten auf der „letzten Meile“ den Kunden, der eine flexible Zustellung wünscht, in den Mittelpunkt. Er erläuterte Entwicklungen wie die DHL-Paketshops, die Packstationen, die Einkaufplattformen, die Möglichkeiten einer Abendzustellung oder flexiblen Zustellmöglichkeiten, die Lebensmittelbestellung im Internet, die Paketbox und den Ansatz des „Paketbutlers“. Andreas Kruse nannte weitere Beispiele aktueller und zukünftiger Servicekonzepte im Onlinevertrieb und sah eine Entwicklung vom Multi-Channel hin zum Omnichannel: „Die strategischen Geschäftsmodelle sind vielfältig, der Omnichannel ermöglicht eine Verzahnung der unterschiedlichen Konzepte auf höchstem Niveau.“

In der zweiten Podiumsdiskussion stellten sich Andreas Kruse, Christoph Dammermann (Geschäftsführer Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hamm mbH), Andreas Haderlein (Berater / Online City Wuppertal), Nico Nauen (Director Business Development United Parcel Deutschland Inc. & Co. oHG) und Jeroen Janssen Lok (Geschäftsführer Metro Logistics Germany GmbH) den Fragen des Publikums und des Moderators Peter Abelmann. Die Ergebnisse für die Handelslogistik: Die Zustellung am selben Tag wird in der Zukunft immer mehr gewünscht werden, dazu müssten allerdings entsprechende Rahmenbedingungen für die letzte Meile geschaffen sowie Standortkonzepte optimiert werden. Im Hinblick auf die langfristige Entwicklung (Fokus 2020) der Versorgungskonzepte auf der „letzten Meile“ waren sich die Diskussionsteilnehmer allerdings unsicher. Andreas Haderlein sieht in lokalen Online-Plattformen auf Multi-Channel-Basis eine feste Zukunftsperspektive für den lokalen stationären Handel, sofern er einen entsprechenden „Spirit“ entwickelt. Er stellte das Projekt „online-City Wuppertal“ und seine bisherigen Erfolge vor.

Für den Wirtschaftsförderer Christoph Dammermann stellen sich aus kommunaler Sicht vor Allem folgende Fragen zu den Handels- und handelslogistischen Trends: Wie kann die Kommune auch in Zukunft die Versorgung der Bürger nachfragegerecht sicherstellen? Wie kann die Innenstadt lebendig gehalten werden? Er betonte zudem die Herausforderungen auf Grund der demografischen Entwicklungen. Nico Nauen sah es als zentrale Herausforderung für den logistischen Dienstleister insbesondere auf der letzten Meile, den Komfort für den Kunden, die Nachhaltigkeit der Dienstleistung und die Kosten „zusammenzubringen“. Erfolgreiche Lösungen würden sich hieran messen müssen, war sich Nico Nauen sicher. Jeroem Janssen Lok stellte fest, dass sich alle Metro-Vertriebslinien mit der Gestaltung der -Belieferung von Kunden im Rahmen von Online-Handel beschäftigen, derzeit herrschten Modelle mit Logistikpartnern, nicht zuletzt mit großen KEP-Diensten, vor. Schwierigkeiten bei der Optimierung der Belieferung der stationären Handelsstandorte ergäben sich nicht zuletzt aus den unterschiedlichen Rahmenbedingungen von Kommune zu Kommune. Hier bestehe ein dringender Harmonisierungsbedarf. Bei allen innovativen Lösungen müsse auch die tatsächliche Akzeptanz durch die Kunden beachtet werden. Die Möglichkeiten firmenübergreifender Bündelungen, so zeige auch ein Projekt zur Urban Retail Logistic, seien weiterhin begrenzt; bereits heute seien die Einzelsysteme stark optimiert.