Wie war 2012 für den NRW-Einzelhandel und was werden die kommenden Monate im laufenden Geschäftsjahr mit sich bringen? Zur Lage des Einzelhandels im viertgrößten Bundesland informierte heute der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW, Dr. Peter Achten, anlässlich der jährlichen Konjunktur-Pressekonferenz. Noch zeigt sich der NRW-Einzelhandel zufrieden, so der Chef des Branchenverbandes. Das bestätigt auch eine heute vorgestellte Konjunkturumfrage.

2012 erzielte der NRW-Einzelhandel rund 97 Milliarden Euro Umsatz und damit ein nominales Plus von 1,6 Prozent gegenüber dem Ergebnis aus 2011. Real, also unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, endete 2012 damit für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen mit einem leichten Minus.

Die Ergebnisse einer landesweiten Konjunkturumfrage zeigen, dass nur 57 Prozent der befragten Einzelhändler die Geschäftslage im zweiten Halbjahr 2012 gegenüber dem Vorjahr als besser oder konstant beurteilten, 43 Prozent (Vorjahr: 31 Prozent) berichteten gar von einer Verschlechterung. Vor allem schlechte Witterungsverhältnisse im Winter, der kalte und verregnete Sommer sowie eine in weiten Teilen zu warme Vorweihnachtszeit verhagelten die Bilanzen in einigen Bereichen des Einzelhandels. Auf die Zahl der Beschäftigten haben sich diese Ergebnisse indes kaum ausgewirkt. Jeder neunte Betrieb hat auch in 2012 zusätzliches Personal eingestellt, drei Viertel der Betriebe hielt die Anzahl ihrer Angestellten im Jahresverlauf konstant. Insgesamt konnte der Handel in NRW mit 16.000 neugeschaffenen, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen auch 2012 wieder wichtige Impulse auf dem Arbeitsmarkt setzen. Derzeit beschäftigt die Branche als drittgrößte Wirtschaftskraft im Lande rund 750.000 Arbeitnehmer und Auszubildende.

Der Blick auf das laufende Geschäftsjahr fällt vergleichsweise optimistisch aus. So rechnet jeder dritte Betrieb für 2013 mit einer Verbesserung seiner Umsätze, gut ein Viertel geht von einer Entwicklung auf Vorjahresniveau aus. Wachstumstreiber der Branche bleibt der Online-Handel. Umsatzzuwächse im zweistelligen Bereich werden dem virtuellen Handelssegment prognostiziert. Dabei ist zu betonen, dass sich auch eine stetig wachsende Anzahl stationärer Einzelhändler mit angegliederten Online-Shops diesen Vertriebsweg erschließt. Auch die Beschäftigtensituation wird sich nach Ansicht der befragten Händler 2013 weiterhin zufriedenstellend entwickeln. Die deutliche Mehrheit der befragten Unternehmen (72 Prozent) plant die Anzahl der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer konstant zu halten, beziehungsweise zu erhöhen (10 Prozent).

Die Verbraucherstimmung erweist sich nach dem ersten Quartal 2013 als weiterhin robust und krisenfest. Der Arbeitsmarkt zeigt sich nach wie vor stabil, Experten prognostizieren zudem auch für 2013 eine weiterhin rückläufige Arbeitslosenquote. Im Zusammenspiel mit prognostizierten realen Lohnzuwächsen, einer niedrigen Sparquote sowie einer moderaten Inflation wird die Kaufkraft der Konsumenten und die für Anschaffungen notwendige Planungssicherheit gestärkt. Der Handelsverband NRW geht auf dieser Grundlage auch für 2013 von einem moderaten Umsatzwachstum von rund einem Prozent aus und zeigt sich somit noch zuversichtlich. Ignoriert werden die Wolken am Horizont jedoch nicht: „Vor allem die Energiekosten stellen sowohl für den Handel als auch die Verbraucher eine finanzielle Mehrbelastung dar. Seit 2005 sind allein die Energiekosten für private Haushalte um 35 Prozent gestiegen und ein Ende ist nicht in Sicht“, so Dr. Peter Achten mit Blick auf die EEG-Novelle. Der Handel würde damit doppelt hart getroffen, so Achten weiter. Die EEG-Novelle belastet den NRW-Einzelhandel zusätzlich mit 200 Millionen Euro, allein die Energiekosten eines durchschnittlichen Supermarktes steigen um 50 Prozent. Zusätzlich leide die Kaufkraft der Verbraucher – eine Gefahr für den Konsum und damit für den Job-Motor Einzelhandel. Auch an anderer Stelle wird der Handel über Gebühr belastet. Der am 1. Januar 2013 gegen den Widerstand der Einzelhandelsunternehmen in Kraft gesetzte Rundfunkbeitrag belastet die Händler in NRW im Schnitt mit zwei- bis dreifach höheren Gebühren. „Dabei“, so Achten, „ist mittlerweile per Rechtsgutachten bewiesen, dass der Rundfunkbeitrag per se als verfassungswidrig einzustufen ist.“

Wichtig sei es, dass die Politik konstante und verlässliche Rahmenbedingungen schaffe, bemerkte der NRW-Verbandschef vor allem auch im Hinblick auf den am heutigen Mittwoch im Landtag zur Abstimmung stehenden Gesetzesentwurf zur Änderung der Ladenöffnungszeiten: „Eine Änderung der gegenwärtig gültigen Ladenöffnungszeiten ist unserer Meinung nach gründsätzlich völlig überflüssig“, kommentierte Achten die Entwicklungen der letzten Monate. Vor allem die Debatte um die Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage erhitzt die Gemüter im Einzelhandel seit Wochen. „Aufgabe und Ziel der Landespolitik muss es sein, den stationären Handel in den Innenstädten und Nebenzentren zu stärken“, forderte Achten mit Nachdruck. Mit Blick auf den Wettbewerb aus dem Internet und den nahen Niederlanden dürfe die Politik nicht leichtfertig riskieren, dass ein Gesetz den drittgrößten Wirtschaftszweig und einen der wichtigsten Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen schwäche, so der eindringliche Appell von Achten.

Der Handelsverband NRW vertritt über 100.000 Einzelhandelsunternehmen jeglicher Betriebsgröße und -form. Mit einem jährlichen Umsatz von rund 93 Milliarden Euro ist der Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen ein wirtschaftliches Schwergewicht, mit über 750.000 Beschäftigten und Auszubildenden einer der wichtigsten Arbeitgeber und Nachwuchsförderer des Landes.

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