Der nordrhein-westfälische Einzelhandel hat das Jahr 2014 real, also unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, mit leichten Zuwächsen abgeschlossen. Verhalten optimistisch blickt die Branche auf das laufende Geschäftsjahr. „Trotz derzeit gutem Konsumklimas kommt die positive Stimmung der Verbraucher kaum im Einzelhandel an“, sagte Dr. Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen (HV NRW), der die Zahlen am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf vorstellte. Die Einzelhändler im bevölkerungsreichsten Bundesland seien – auch wegen des Strukturwandels der Branche – verunsichert. Diese Stimmung könnte sich 2015 auf den Jobmotor Einzelhandel auswirken.

Im vergangenen Jahr setzte der Einzelhandel in NRW rund 104 Milliarden Euro um. „Damit haben wir ein nominales Plus von 2,0 Prozent gegenüber dem Ergebnis aus 2013 erzielt“, sagte Achten. Die Ergebnisse einer landesweiten Konjunkturumfrage zeigen, rund zwei Drittel haben das zweite Halbjahr 2014 besser oder vergleichbar mit dem Vorjahr abgeschlossen. Jeder dritte Einzelhändler hatte mit einer Verschlechterung zu kämpfen.

Angesichts dieser leicht positiven Geschäftsentwicklung hat sich die Personalplanung in 2014 als recht stabil erwiesen. Wenn Stellen abgebaut wurden, dann überwiegend im Bereich der geringfügig Beschäftigten, wie Zahlen der Agentur für Arbeit zum Stichtag 30. Juni 2014 zeigen. Die zunehmenden Probleme, geeignete Anwärter für eine Ausbildung im Einzelhandelsumfeld zu finden, führten jedoch auch bei den Ausbildungsstellen zu rückläufigen Zahlen.

Wachstumstreiber der Branche bleibt der Online-Handel

Der Blick auf das laufende Geschäftsjahr fällt bei den Befragten insgesamt eher optimistisch aus. So beurteilen vier Fünftel der Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“, für das erste Halbjahr 2015 rechnet jeweils ein Viertel mit einer Verbesserung oder Verschlechterung seiner Umsätze. Wachstumstreiber der Branche bleibt der Online-Handel. Umsatzzuwächse im zweistelligen Bereich werden dem virtuellen Handelssegment prognostiziert, so dass im laufenden Jahr die Umsatzschwelle von bundesweit 10 Prozent überschritten werden dürfte. Eine stetig wachsende Anzahl stationärer Einzelhändler erschließt sich inzwischen mittels einem angegliederten Online-Shop diesen Vertriebsweg. Bereits jeder Vierte bietet seine Waren in einem eigenen Onlineshop an, jeder Siebte nutzt Marktplätze wie eBay und Amazon.

„Der Online-Handel ist nicht als Konkurrenz zum stationären Einzelhandel zu sehen“, sagte Achten. „Neben guter Erreichbarkeit und attraktiven Geschäften mit freundlicher und kompetenter Bedienung ist das Internet längst der dritte Erfolgsfaktor der Branche geworden – auch für die stationären Händler.“ Darum sei es auch für kleine Händler wichtig, im Internet präsent zu sein. Dies muss nicht immer ein Online-Shop sein – neben eigenen Internetseiten oder Aktivitäten in sozialen Netzwerken gibt es für den stationären Handel eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich in der digitalen Welt zu vermarkten. So können Händler beispielsweise durch die Nutzung von sogenannten Location Based Services Kunden über das Internet in das stationäre Geschäft holen.

Etwas sorgenvoll fällt der Blick hinsichtlich der Beschäftigtenentwicklung im Jahr 2015 aus. Konnte die Branche lange Jahre stetig wachsende Beschäftigtenzahlen ausweisen, rechnet laut Konjunkturumfrage im laufenden Jahr jeder fünfte Unternehmer damit, auf Mitarbeiter verzichten zu müssen. Derzeit beschäftigt die Branche als drittgrößte Wirtschaftskraft im Land rund 700.000 Arbeitnehmer und Auszubildende. Auch sehen sich die Händler angesichts der Verkäufe über das Internet mit sinkenden Kundenfrequenzen konfrontiert: Jeder fünfte meldet hierzu bereits „deutliche“ Rückgänge.

Positiv sind die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Handel zu bewerten. So erweist sich die Verbraucherstimmung nach dem ersten Quartal 2015 weiterhin als robust und krisenfest. Der Arbeitsmarkt zeigt sich nach wie vor stabil. Im Zusammenspiel mit prognostizierten realen Lohnzuwächsen, einer niedrigen Sparquote sowie einer moderaten Inflation werden die Kaufkraft der Konsumenten und die für Anschaffungen notwendige Planungssicherheit gestärkt. Ein erheblicher Teil der zusätzlichen Konsumausgaben fließt derzeit jedoch nicht in den Einzelhandel, sondern in andere Branchen wie etwa Reise und Telekommunikation. Der Handelsverband NRW geht auf dieser Grundlage für das Jahr 2015 von einem moderaten Umsatzwachstum von 1,5 Prozent aus und zeigt sich somit noch zuversichtlich.

Konjunkturumfrage NRW Frühjahr 2015